Mann des Ausgleichs

Rudolf Opitz,

Er war der erste frei gewählte Bürgermeister nach der Wende und lenkte ein Vierteljahrhundert lang die Geschicke der Stadt Tangermünde. Dr. Rudolf Opitz stand von 1990 bis 2015 – vier Amtsperioden am Stück – an der Spitze der Stadtverwaltung und legte maßgeblich die Grundlagen für die Entwicklung von Industrie, Handel, Gewerbe und Fremdenverkehr in der einstigen Industriestadt.


Rudolf Opitz, 1949 in Tangermünde geboren, entstammt einer alteingesessenen Familie. Wie seine Vorfahren sah auch er sich dazu berufen, Verantwortung für die Heimatstadt zu übernehmen.v Der promovierte Chemiker, seit 1985 im Faser- und Spanplattenwerk Tangermünde beschäftigt, brachte sich in die demokratische Erneuerungsbewegung ein. Zu Beginn des Jahres 1990 trat der Reformer mit christlicher Gesinnung der CDU bei, im Mai kandidierte er für die Stadtverordnetenversammlung. Bei den ersten freien Wahlen bekam die CDU die meisten Wählerstimmen in Tangermünde. Auf der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 5. Juni 1990 wählten die Stadtverordneten aller Fraktionen Dr. Rudolf Opitz zum Bürgermeister der Stadt Tangermünde.
Die ersten Amtsjahre waren für das Stadtoberhaupt eine Zeit voller Wagnisse und Herausforderungen. Die Veränderungen in den Strukturen und in den wirtschaftlichen Verhältnissen waren enorm. Die „gewendeten“ DDRBürger mussten lernen, sich mit dem neuen Rechts- und Verwaltungssystem zurechtzufinden. Der Prozess, eine handlungs- und leistungsfähige Kommunalverwaltung aufzubauen, hat eine lange Zeit gedauert. Für die uneigennützige und unbürokratische Hilfe, die aus den Partnerstädten Lich im Bundesland Hessen und Minden in Nordrhein-Westfalen kam, ist der Altgediente heute noch dankbar. Als bitterste Erfahrung seiner Amtszeit benennt Dr. Opitz den Niedergang der großen Industriebetriebe nach der Wirtschafts- und Währungsunion und dem Walten der Treuhand. Trotz moderner Anlagen blieben Industriebetriebe wie das Faser- und Spanplattenwerk, die Schokoladenfabrik oder die Leimfabrik auf der Strecke. Rückblickend konstatiert der Alt-Bürgermeister: „Die Bundesrepublik stand der ganzen Entwicklung planlos gegenüber. Es fehlte ein klares Konzept für die Gestaltung der Wiedervereinigung.“
Nach der Wende zeugten Demonstrationen vor dem Amtssitz des Bürgermeisters von den realen Existenzängsten der Arbeiter und Angestellten. Die Einheitseuphorie war schnell verflogen und das Vertrauen in die neue Stadtregierung begann zu schwinden. In einer schwierigen Zeit schaffte es der „Mann des Ausgleichs“, nicht nur das Selbstbewusstsein der Verantwortungsträger zu stärken, sondern auch überzeugend die Bereitschaft zum Mitgestalten zu erwirken. Opitz brachte konkurrierende Parteien, Organisationen und freie Träger dazu, in der Sache vereint das Gemeinwesen zu entwickeln.
Darüber hinaus wurden während der Amtszeit von Bürgermeister Dr. Opitz ca. 24 Millionen Euro aus Mitteln des Städtebaulichen Denkmalschutzes im historischen Stadtkern investiert. Die Altstadt, die Burg und die Elbanlagen sind heute schöner denn je. Besonders stolz ist der Altbürgermeister „auf die gelungene Gestaltung der Hafenpromenade“. In die Verbesserung der Infrastruktur der Stadt flossen ca. 80 Millionen Euro. Neue Wohngebiete konnten erschlossen und mit Eigenheimen bebaut werden. Die Kaiser- und Hansestadt an der Elbe verfügt heute über eine Vielzahl sozialer Einrichtungen sowie Sport-, Freizeit- und Kulturstätten. Tangermünde, die „schönste Kleinstadt Deutschlands“, wird als Wohnstadt immer beliebter.
Dr. Rudolf Opitz ist stolz auf die Entwicklung der Stadt. „An ihrer Erfolgsgeschichte haben viele Menschen mitgewirkt“, betont er. Bei der Aufzählung benennt er sein bewährtes Mitarbeiter-Team, die Stadträte, die mutigen Unternehmer und die engagierten Bürger der Stadt. Nach 25 Jahren aktiver Stadtentwicklung konnte der Rathauschef mit ruhigem Gewissen in den Ruhestand treten. Seinem Nachfolger hat er einen ausgeglichenen Haushalt und ein aufblühendes Gemeinwesen als Erbe hinterlassen.